NS-Zeit

Der Zweite Weltkrieg verändert die „Schöne Aussicht“

Der sichtbarste Einschnitt, der sich anhand der heutigen Bebauung der „Schönen Aussicht“ nachvollziehen lässt, ist der Luftangriff auf Wiesbaden am 2./3. Februar 1945, bei dem unter anderem das Paulinenschlösschen stark beschädigt bzw. zerstört wurde.

Zwar blieb der jüdische Friedhof von den Bomben verschont, doch weisen fehlende Grabsteine, die Fundamente eines Gebäudes, bei dem es sich um eine Reinigungshalle für die rituelle Waschung gehandelt haben könnte, und beschädigte Grabanlagen sowie zerbrochene Grabsteine mindestens auf Vernachlässigung in den Jahren zwischen 1933 und 1945 hin. Nicht nachweisen lässt sich, ob es im Zuge der Pogrome 1938 Verwüstungen auf dem Friedhof an der „Schönen Aussicht“ gab. Umgestürzte und zerbrochene Grabsteine legen mutwillige Beschädigungen allerdings nahe. Wie groß die Zerstörungswut gegen alles Jüdische während der Pogrome auch in Wiesbaden war, zeigt unter anderem der jüdische Friedhof Bierstadt. Hier ist heute außer des Grundstücks und eines Gedenksteins nichts mehr sichtbar.

Nach Demütigungen, erzwungenen Emigrationen und Deportationen der Wiesbadener Jüdinnen und Juden existierte spätestens 1942 keine Gemeinde mehr, die ihren Toten gedachte und den Friedhof pflegte. Vermutlich waren amerikanische Soldaten, die 1945 Wiesbaden erreichten, die ersten, die Instandsetzungsmaßnahmen auf dem Friedhof begannen. Sie stellten Steine notdürftig wieder auf, um sie zu sichern. Die Steine wurden teilweise ungeachtet des jüdischen Ritus, dass Tote stets mit den Füßen Richtung Osten liegend beigesetzt werden und der Grabstein traditionell am Kopfende steht, wieder aufgestellt. Die Belegung des Friedhofs konnte und kann aufgrund eines fehlenden Gräberverzeichnisses nicht mehr nachvollzogen werden.