Hendle

Hendle sel. A., ohne Datum

Von großen Grabsteinen, die aus unterschiedlichen Jahrhunderten stammen, eingebettet, findet sich der kleine, schlichte Stein, der die Grabstätte einer Frau namens Hendle markiert. Tief in den Boden eingesunken, sind heute viele Zeilen der Inschrift bereits verschwunden. Die in den Sandstein eindringende Feuchtigkeit hat ganze Schichten abgesprengt. Durch die Arbeit der Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen konnten heute nicht mehr sichtbare Textteile 1987 gesichert und überliefert werden. Was allerdings damals bereits aufgrund der eindringenden Feuchtigkeit verloren war, ist das Sterbedatum der Frau. Da der Stein der Hendle zu denjenigen gehört, die bis 2013 an einen Baumstumpf gelehnt waren, und im Zuge der Instandsetzung des Friedhofs im gleichen Jahr wieder aufgestellt wurde, ist die tatsächliche Lage ihrer Grabstätte nicht überliefert. Somit lässt sich auch aus den umstehenden Grabsteinen das Sterbedatum nicht ableiten.

Die Inschrift des Grabsteins gibt einige Informationen über Hendle preis. Sie lebte gemeinsam mit ihrem Mann Samuel Levi in Bierstadt. Sie wird als angesehene, tüchtige und hilfsbereite Frau beschrieben. Besonders hervor hebt die Inschrift, dass Hendle sich allen gegenüber, egal welchem gesellschaftlichen Stand sie angehörten, offen und behilflich zeigte.

Wohltätigkeit hat in der jüdischen Tradition einen besonderen Stellenwert. Als Teil der jüdischen Ethik zählt die Nächstenliebe zu den Geboten, die die Tora nennt. Entscheidend ist, dass die ethischen Regeln nicht nur erkannt, sondern im Alltag praktisch umgesetzt werden. Auf diese Grundsätze ist die rege Tätigkeit jüdischer Wohlfahrtsvereine Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts zurückzuführen. Seit 1917 trägt die bis heute aktive Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland den ethischen Grundsatz sogar im Namen.

Transkription des Grabsteins

Die Wohlfahrtseinrichtungen Wiesbadens. Hg. Kalle, Fritz; Borgmann, Hanns, Wiesbaden 1914.