Die Erweiterung des Friedhofs 1779/80
Die jüdische Gemeinde erweiterte ihren Friedhof an der heutigen „Schönen Aussicht“ 1779 zum ersten Mal. Grund für die Erweiterung war das ab Mitte des 18. Jahrhunderts einsetzende Anwachsen der Zahl der Gemeindemitglieder. Wiesbaden hatte als Regierungssitz und Kurstadt an Attraktivität gewonnen. Der ältere Teil des Friedhofs war 30 Jahre nach der ersten Beerdigung fast vollständig belegt. Anders als auf christlichen oder kommunalen Friedhöfen werden der jüdischen Tradition entsprechend Grabstätten für die Ewigkeit angelegt. Der Friedhof wird in der jüdischen Tradition oft als das „Haus der Ewigkeit“ bezeichnet. Hier erwarten Juden die Auferstehung bei der Ankunft des Messias.
Für 60 Gulden erwarb die jüdische Gemeinde von Margaretha Elisabeth Rohr, Christoph Heinrich Rohrs Witwe, einen an den bereits bestehenden Friedhof angrenzenden Teil ihres Weinbergs. Der Kaufpreis entsprach in etwa zwei Monatslöhnen eines Direktors in einer großen Manufaktur im Rhein-Main-Gebiet. Weitere Kosten entstanden durch Zinsen und Steuern.
Der Kaufvertrag zwischen den beiden Parteien wurde am 24. Juni 1780 vom Fürstlichen Hofgericht zu Wiesbaden für rechtskräftig erklärt. Die Stadtverwaltung hatte den Vorgang am 4. Mai 1779 aufgenommen und der Bürgerschaft bekannt gegeben.
Aufgrund vieler fehlender und später versetzter Grabsteine lässt sich heute nur schwer ermitteln, welche Areale wann zum Friedhof hinzukamen. Anhand des von der Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen angelegten Lageplans ist eine grobe Orientierung möglich. Der älteste Teil des Friedhofs lässt sich in etwa auf das Areal an der „Schönen Aussicht“ begrenzen. Der neuere Teil erstreckt sich nach Süden in Richtung der Hergenhahnstraße.
Copia Kaufvertrag. In: Stadtarchiv Wiesbaden, WI 1, Nr. 222, Fol. 128-130
Transkription Kaufvertrag